Wie ich mir einen HIERO ITZO fing

Meine Liason mit dem HI

Als mich im Juli 1983 der leider viel zu früh davongeschlichene Ralph Otto (†2001) fragte, ob ich mir eine Mitarbeit beim HIERO ITZO vorstellen könne, musste ich lange überlegen. Das warum ist eine Geschichte für sich:

Das Stadtmagazin HIERO ITZO, eines der ersten seiner Art, steckte in einer tiefen Krise.  Der Code „Wir sollten das Kind doch lieber mit dem Barde ausschütten“ brachte die Schwierigkeiten auf den Punkt:  Nach den äußerst bewegten ersten fünf HIERO-ITZO-Jahren seit der Gründung 1976, in denen sogar seitens des umtriebigen Mitgründers „Jockel“ Winters an der Expansion in weitere Städte gearbeitet wurde, war das Blatt in die Hände eines Vorort-Gärtners geraten (K. Barde), der es auf eine Veranstaltungs- und TV Programm-Ankündigungsblättchen zurecht getrimmt hatte. Aus der alten – auch heute noch mit klingenden Namen garnierten – Mannschaft waren nur wenige übrig geblieben. 

Da ich selbst gerade als CDU-Dissident durch den regionalen Medienwald rauschte, weil meine Kandidatur auf der Liste der GRÜNEN für den Niedersächsischen Landtag die damaligen Toleranzgrenzen meines Arbeitgebers, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, all zu arg strapazierten, ergab es sich, dass Kaus-Peter Flügel  eines schönen Tages in meinem Domizil in Duderstadt für ein Interview aufschlug.  Nachdem ich die Februar-Ausgabe des HIERO ITZOs argwöhnisch begutachtet hatte, und KPF fragte, ob ihm denn zwischen dem Veranstaltungskalender und dem TV- Programm 60 Zeichen für dieses Gespräch frei geschaufelt würden,  standen einem vorurteilsfreien und dann auch sehr langem Gespräch nichts mehr im Wege. Er versicherte mir, dass die soeben erfolgte Rückeroberung der Titelrechte durch den umtriebigen Druckereibesitzer Hartmut Bremer, der auch den Dissidenten und JaRo Musik zu jener Zeit Unterschlupf bot, alles zum Besseren wenden würde. Außerdem habe der neue Verleger, also Hartmut Bremer, der Redaktion weitgehende Selbstbestimmungsrechte eingeräumt. Ich war gespannt. Tatsächlich unterschied sich die März-Ausgabe rein äußerlich zwar nicht von dem Desaster der vergangenen Monate, jedoch vermochte mich meine Eitelkeit, das Interview in epischer Zwei-Seiten-Breite im Heft wieder zu finden, darüber hinweg trösten. 

An der Grundproblematik der Ausrichtung des Blattes an das ökonomische Diktat eines schlecht ausgeschöpften Göttinger Werbemarkt änderte sich allerdings wenig.

Dennoch: Die Redaktion um Ralph Otto, Detlev Vogt und K.P. Flügel war emsig, Hartmut Bremer durchaus entschlossen, den HIERO ITZO auf neuen Glanz zu polieren. 

In dieser (Aufbruch-)Stimmung erschien mir eine Mitarbeit beim HIERO ITZO nicht gänzlich als Zeitverschwendung und es folgten sehr schnelle und konstruktive Gespräche mit der Redaktion und dem Verleger. Ich wollte und sollte dem Blatt ein klareres politisches Profil verleihen und ich knüpfte daran die Bedingung einer konzeptionellen und layouterischen Neuausrichtung. Ein neues CI und mit ihm eine nachvollziehbare Heftstruktur wurden hektisch entwickelt und schon mit der Oktober-Ausgabe zeigte sich der HIERO ITZO in neuem Gewand und aufgestockter Seitenzahl.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Einen Monat später übertrug mir die Redaktion die Rolle des Herausgebers, um auch gegenüber dem Verleger das gestärkte Selbstbewusstsein der sich selbst ausbeutenden Redaktion zu dokumentieren. 

Der Krach mit Hartmut Bremer war vorprogrammiert und so fand ich mich ab Februar 1985 in der Doppelrolle des Verlegers und Herausgebers wieder, die ich fast 10 Jahre lang bis zur Einstellung des HIERO ITZOS, der ab Oktober 1986 HIER UND JETZT hieß, im Jahre 1993 ausfüllen sollte. Aber das – und einiges mehr – sind noch ganz andere Geschichten…..

Michael Schmelich

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